Content Marketing – der Facility Manager der Werbung 

Das schöne an der Marketingbranche ist, dass es Dank stetiger wachsender Anforderungen und neuer Möglichkeiten nie langweilig wird. Fachmedien sind natürlich immer auf der Suche nach Neuem, weil Neues immer interessanter klingt, als Bewährtes. Eine zentrale Aufgabe für uns als Fullservice Werbeagentur ist es, Trends und Strömungen zu beobachten und auf ihre Relevanz und den aktuellen Nutzen für unsere Kunden hin kritisch zu beobachten. Schließlich wird eine neue Disziplin oder ein Kanal nicht daher relevant, weil er wie eine kleine Sau durch die Fachmedien gehypt durch das Dorf getrieben wird, sondern wenn die Zielgruppen diese für sich nutzen und somit ein Mehrwert für Marken erzielt werden kann.

 

Begriffe wie Content Marketing, Native Advertising oder Branded Content geistern durch die Fachmagazine, die zu nicht weniger berufen sind, als die überteuerten und ausgemusterten klassischen Kommunikationskanäle in den überfälligen Ruhestand zu schicken.

Endlich ist Werbung zielgruppenorientiert, billig, qualitativ und glaubwürdig, so dass sie von den Endkunden aktiv gesucht wird und sie sich so wie von Zauberhand alleine verbreitet.

 

Zunächst wirft herr schmidt einen Blick auf eine der vielen Definition:

Content Marketing ist eine Marketing-Technik, die mit informierenden, beratenden und unterhaltenden Inhalten die Zielgruppe ansprechen soll, um sie vom eigenen Unternehmen und seinem Leistungsangebot oder einer eigenen Marke zu überzeugen und sie als Kunden zu gewinnen oder zu halten.

Wie wäre es mit einem Spiel.

Ersetzen Sie „Content Marketing“ durch „Fernsehwerbung“. Der Satz macht immer noch Sinn. Versuchen Sie es mit „Online-Werbung“ anstelle von „Content Marketing“. Verblüffend, nicht. Es geht übrigens auch mit „Plakatwerbung“, „Direkt-Marketing“ oder „E-Mail-Werbung“. Schlicht und ergreifend, weil die formulierte Anforderung für alle Kommunikationsdisziplinen gilt.

 

Neben dieser offiziellen Definition gibt es folgenden Zusatz:

Seine Ziele erreicht das Content Marketing, indem es den Inhaltsproduzenten als Experten, Berater und Entertainer profiliert, der Kompetenzen, Know-how und Wertversprechen durch den Inhalt demonstriert, statt sie nur zu behaupten.

 

Diese Aussage bedeutet das herbeigesehnte Ende der ganzen unseriösen Werbung, die nicht nur den Verbraucher getäuscht hat, sondern auch den Werbungtreibenden in einem falschen Licht hat erscheinen lassen. Das jahrzehntelange und kostenintensive Aufladen von Claims wie „Freude am Fahren“, „Wenn’s um Geld geht…“ oder „Vollendet veredelter Spitzenkaffee“ waren nichts als eine inhaltsleere, große Verbrauchertäuschung.

 

Oder etwa doch nicht?

Content Marketing, Branded Content oder Native Werbung sind, wenn der Absender nicht klar erkennbar ist, qua Definition des UWG „Schleichwerbung“. Zudem sind diese Begrifflichkeiten Schöpfungen der Digitalwirtschaft, deren wichtigste bezahlte Werbeform der Banner/Display-Werbung dank einbrechender Klickraten in der Bedeutungslosigkeit verschwindet.

 

Und nur weil jemand einen neuen Begriff geprägt hat, heißt es nicht, dass der Inhalt neu ist. Bei der Stellenbeschreibung „Facility Manager“ ist nur der Titel neu, nicht die Tätigkeit des mit einem angelsächsischen Titel ausgestatten Hausmeisters.

 

Begeisternde Kommunikation inszeniert Marken, in dem sie Geschichten erzählt.
Geschichten, die relevant sind für die intendierte Zielgruppe und welche die Begehrlichkeit der Marke, des Produkts oder des Unternehmens wecken bzw. intensivieren. Dazu braucht es neben einer guten Strategie vor allem eins: großartige Ideen. Das war so, das ist so, das bleibt so.

 

Was aber nicht bleiben kann, sind alte, deutsche Begrifflichkeiten, weshalb man diese kurzerhand durch Abkürzungen oder Anglizismen ersetzt. Und alle finden es lustig. Und die Marketing-Branche ist dabei ebenso lustig, wie konsequent.

 

Aus dem „Denken“ wurde das „Strategic Planning“, aus dem „Kaufmännischen Geschäftsführer“ wurde der „Chief Financial Officer“ oder noch besser der „CFO“.
Schließlich gilt: Wichtig ist wichtig. Und wichtig ist gleich mal teurer. Im Zweifel versteht das eh nur eine Minderheit und der Rest schämt sich zu fragen, was das heißt. Oder gar soll. Wie beim „Content Marketing“, bei dem gilt: wer‘s nicht hat, hat schon verloren. Wie üblich. Dabei ist das Thema Jahrzehnte alt:

 

Beispiele gefällig?

Die Soaps, die seit den 30er Jahren zunächst in Funk, später in TV versteckt Botschaften und Produkthinweise erst an die Hausfrau und später an die ganze Familie gebracht haben. Pioniere waren hier der Nahrungsmittelhersteller General Mills und Procter&Gamble. Oder der Pirelli-Kalender, der seit über 50 Jahren die Reifenmarke weltweit populär macht und hält – und das mit einem archaischen Offline-Produkt, einem 12-seitigen Monatskalender, der nicht käuflich ist, sondern nur ausgewählten Personen ausgehändigt wird. Und aktuell kann man sicher das weltweit erfolgreiche Reality-TV-Format „Keeping up with the Kardashians“ als Content Marketing einstufen. Content Marketing, das in der aktuell 13. Staffel übrigens im Fernsehen zu sehen ist. Und auch über Streaming-Dienste abgerufen werden kann und das kein anderes Ziel verfolgt, als die Trash-Familie bekannter zu machen und die Produkte der Familie weltweit zu vermarkten.

 

Werfen wir einen Blick auf eine weitere Definition von Content Marketing: „Hochwertiger Inhalt, der von einer Marke produziert wird und ihr gehört. Der Inhalte wird für die Zielgruppe der Marke erstellt. Ziel ist es auf die Marke einzuzahlen und idealerweise die Kunden damit zu begeistern, was aber nicht zwingend und unmittelbar zum Verkaufserfolg führen muss.“

 

Wer denkt beim Lesen dieser Zeilen nicht schlicht an Werbekommunikation. Wobei hier niemand über die Darreichungsform redet, die von einer Produktpräsentation, über eine Markeninszenierung bis hin zu einem Video reichen kann. Und wem kam bei „hochwertigem Inhalt“ nicht die Assoziation zu „herausragende Ideen“.  Ganz einfach: diejenigen, denen das zu „billig“ klang. Diejenigen, die ein neues Buzzword brauchen, um alten Wein noch neuer und vor allen Dingen teurer zu verpacken.

 

Wer nun das Verbreitungspotenzial ergänzt, spricht von nichts anderem als vom viralen Faktor.
Wer nun anfügt, dass Content Marketing, nicht als Werbung erkannt werden darf, vergisst, dass der Verbraucher nicht in diesen Kategorien denkt (oder haben sie schon mal jemanden sagen hören „has Du neulich das tolle Content Marketing von Marke xy gesehen?“). Der Verbraucher selektiert nur, ob der Inhalt ihn anspricht, begeistert und bewegt oder eben nicht – und das ist nun mal das Wichtigste: ob sie oder er den Inhalt auch einer Marke zuordnen kann. Wenn dieser Effekt ausbleibt, ist es schlicht nicht mehr als „borrowed interest“. Wie der virale Spot „FIRST KISS“, der vor ein paar Jahren durch die Medien ging, bei dem sich wildfremde Menschen bei ihrer ersten Begegnung geküsst haben. Wieviel Prozent sich damals oder heute an das Absenderunternehmen erinnern konnten bzw. können (wir geben die Lösung gerne auf Anfrage heraus)?

 

Kurzum: neue Buzzwords schaffen neue Betätigungsfelder und „hurra“: neue Verantwortliche. Und während sich zu den bekannten Marketingmanager, dem SEO-Manager und dem Social-Media-Manager auch noch der Content-Manager gesellt, stellt sicher mehr und mehr die Frage: Wer ist künftig eigentlich Hauptverantwortlich für begeisternde Kommunikation, das Geschichtenerzählen und das Aufladen und Führen von Marken?

 

Content Marketing, wie auch immer im Detail definiert und abgegrenzt, sowie Native Advertising und Branded Content sind eine gute Ergänzung des Kommunikationsmixes, bei dem allerdings der Aufwand weit größer ist und der Ertrag weit geringer ausfällt, als erhofft. Und der erzielte Erfolg weit weniger messbar, da die Transparenz und Werbewirkungskontrolle durch Abwesenheit glänzt.

 

Ein Beleg dafür ist, dass rund 83% aller Unternehmen angeben, Content Marketing zu betreiben. Ob die Quote aus Verbrauchersicht so widergespiegelt werden kann, ist heute und sicher in drei Jahren mehr als fraglich. Aber bis dahin gibt es vielleicht schon neue Kunstbegriffe, die alten Wein neu und teuer verpacken.

 

Unsere Überzeugung ist: wer sich künftig (weiterhin) auf die Bedürfnisse seiner Zielgruppen konzentriert und diese mit relevanten Inhalten, abgestimmt auf die Eigenheiten eines Kommunikationskanals konzentriert, wird Erfolge feiern. Das mag billig klingen, aber dazu braucht es keine neuen, teuren Buzzwords.

 

http://www.spiegel.de/einestages/soap-operas-a-947963.html